Aus dem Leben von Stefan Blümli
Wie das Stottern ein Teil von mir wurde
Hallo,
Ich erzähle dir meine Geschichte in der Hoffnung, dass ich dir helfen kann, mit dem Stottern umzugehen.
Ich war ein Stotterer, ich bin ein Stotterer und ich werde immer ein Stotterer sein.
Heute bin ich 55 Jahre alt und beruflich wie auch privat sehr erfolgreich und sehr glücklich.
Das Stottern hat begonnen, als ich etwa 5 Jahre alt war. Wieso, weiss ich bis heute nicht. In meiner Schulzeit und auch in meiner Ausbildungszeit habe ich sehr darunter gelitten. Es war schwierig, eine Freundin zu finden. Eine Aussage eines Freundes habe ich immer noch in Erinnerung: Du bist ein netter Kerl, aber wenn du sprichst, bist du ein Depp. Ein wirklicher Aussenseiter war ich aber nie, weil ich in der Schule immer der Beste war und den Mitschülern immer geholfen habe beim Lernen. Ich war sehr ruhig, ausgeglichen, hatte nie Streit und habe mich immer angepasst.
Ich liebe die Musik. Beim Singen stottern wir nie, das gibt uns Kraft und wir können uns entfalten. In der uns vertrauten Umgebung stottern wir auch nicht oder praktisch nicht. Am Schlimmsten war es bei mir beim Vorlesen und wenn ich in der Schule vor allen sprechen musste. Ich habe eine Banklehre gemacht und dort war es schlimm beim Telefonieren oder wenn ich etwas vortragen oder präsentieren musste. Je mehr Zuhörer, desto schlimmer war es. Im Militärdienst war es auch schlimm, wenn ich mich bei den Vorgesetzten anmelden musste. Ganz schlimm war es auch beim Sprechen in Fremdsprachen.
Trotzdem bin ich gut durch diese Jahre gekommen, weil mir die Ausbildung immer sehr leichtgefallen ist. Ich war auch bei höheren Ausbildungen immer bei den Besten wenn nicht der Beste. Wir Stotterer sind überdurchschnittlich intelligent und unser Hirn funktioniert schneller als unsere Sprache.
Mit 21 Jahren entschloss ich mich, etwas zu unternehmen, damit das Stottern besser wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich nie eine Therapie gemacht. Die Lehrer haben immer gesagt, ich sei so gut in der Schule, das gehe dann schon weg, es brauche keine Therapie. Meine Mutter kannte eine Frau, die Kinesiologie mit Kindern gemacht hat und sie hatte die Idee, dass das für mich gut sein könnte. Weil ich ja erwachsen war, hat sie bei mir eine Ausnahme gemacht und mich aufgenommen.
Rita hat dann mit mir während etwa einer Stunde Therapie gemacht. Es ging um Muskeln anspannen und entspannen. Sprachübungen haben wir keine gemacht.
Nach etwa 5 Sitzungen kam dann das Schlüsselerlebnis, welches mein Leben verändert hat. Ich fragte Rita, wann wir denn endlich Sprachübungen machen, ich sei ja bei ihr wegen dem Stottern. Dann sagte sie: Sprachübungen bringen bei mir nichts. Ich müsse das Stottern nur als Teil von mir akzeptieren und lernen, damit zu leben, dann ginge es automatisch weg.
Das gab mir zu denken und ich hatte auch das richtige Alter, um einzusehen, dass das stimmte. Gleichzeitig hatte ich Erfolge bei der Ausbildung und im Beruf und ich habe eine Partnerin gefunden, die mich so akzeptierte, wie ich war.
So kriegte ich mein Stottern in den Griff und lernte, damit zu leben. Es war ein Prozess und geschah nicht von einem Tag auf den anderen. Aber es ging weg und heute ist es so, dass Menschen, die mich nicht von früher kennen, mir nicht glauben, dass ich ein Stotterer bin und dass ich in meiner Kindheit und Jugend sehr stark gestottert habe.
Hier meine Ratschläge und Tipps, um mit dem Stottern zu leben.
Das WICHTIGSTE:
AKZEPTIERE DAS STOTTERN ALS TEIL VON DIR. DU BIST EIN STOTTERER!!
Andere Menschen lispeln, haben eine hohe Stimme, eine tiefe Stimme, haben keine Haare. Die Menschen sind alle verschieden. Wir sind Stotterer. Dafür haben wir viele Talente und wir sind überdurchschnittlich intelligent.
Arbeite an deiner Selbstsicherheit. Je selbstsicherer du bist, desto mehr wird das Stottern in den Hintergrund rücken. Nutze deine Talente und Stärken und baue diese aus. Dort kannst du glänzen und deine Selbstsicherheit ausbauen. Du alleine bist der Schlüssel zum Erfolg und nur du kannst lernen, mit deinem Stottern zu leben.
Nutze die Erfahrungen, die du als Stotterer gemacht hast, zu deinem Vorteil. Nur du hast diese Erfahrungen gemacht. Nicht-Stotterer haben diese Erfahrungen nicht gemacht.
Sei dankbar, als Stotterer diese Erfahrungen gemacht zu haben.
Sei dankbar für die vielen Talente und Stärken, die du hast.
Bereite dich bei schwierigen Situationen wie Vorträgen und Präsentationen akribisch vor, dass du das fast auswendig kannst. Das gibt dir Selbstsicherheit und das Stottern wird sich kaum zeigen.
Je mehr positive Erlebnisse du hast, desto selbstsicherer wirst du werden und desto mehr wird das Stottern in den Hintergrund rücken. Es wird in dir schlummern und immer mehr in einen Tiefschlaf übergehen. Das ist ein Teufelskreis, aber in die richtige Richtung: nach oben.
Du wirst stolz werden, weil du es geschafft hast, dein Stottern in den Griff zu kriegen und damit zu leben.
Dein Umfeld wird dich lieben und du wirst erfolgreich sein, weil wir eine hohe Sozialkompetenz haben, sehr hilfsbereit und verständnisvoll sind, eine ausgeprägte Empathie an den Tag legen und durch unsere Intelligenz den anderen meistens einen Schritt voraus sind.
Du musst wissen, dass das Stottern keine physische Ursache hat. Es gibt keine Klappe oder so in deinem Hals, welche du wegoperieren kannst und dann ist es weg. Du selbst kannst das Stottern wegzaubern mit deiner Einstellung und deiner Selbstsicherheit.
Ich hoffe sehr, dass ich dir mit meinem Erfahrungsbericht helfen kann. Du kannst mich auch gerne kontaktieren, wenn du mehr wissen möchtest oder mit mir sprechen willst.
Viel Erfolg auf deinem Lebensweg.
Stefan Blümli
stefan.bluemli@sunrise.ch